OIB Academy, Steffen Sutter et al.
Letzte Aktualisierung: 28. Januar 2022
Unter Center-Konzepten – synonym verstanden auch häufiger als Center-Organisationen bezeichnet – werden in der Literatur zu Management und Organisation oder in einschlägigen Fachartikeln oft nur die gemeinhin bekanntesten Center-Konzepte beschrieben wie Cost-, Profit- und Service-Center. Es gibt aber noch andere Center-Konzepte wie Service- und Kompetenz-Center in unterschiedlichen Ausprägungen.
Center-Konzepte können generell als betriebswirtschaftlich attraktiv betrachtet werden. Nicht nur tragen sie eine gewisse, später noch erläuterte Marktorientierung in sich. Sie unterstützen auch aktuelle, organisatorische Bestrebungen wie Empowerment, agile Organisationsformen und Intrapreneurship. Also Ansätze, welche einerseits die firmeninterne Dynamik und Flexibilität zu verbessern helfen können. Andererseits auch die Führung entlasten und den Mitarbeitenden grössere Freiheits-, Einbringungs- und Gestaltungspotenziale verschaffen können.
In diesem Artikel wird versucht, einen etwas umfassenderen Überblick über vorhandene und denkbare Center-Konzepte zu geben. Dazu werden drei Perspektiven zur Center-Bildung vorgeschlagen, um intern mögliche Center-Konzepte mit einer gewissen Systematik evaluieren zu können.
Der Begriff Center wird unterschiedlich definiert. Hier eine Definition angelehnt an Dillerup:
Center sind Konzepte, bei denen autonomen Organisationseinheiten eine dezentralisierte Verantwortung übertragen wird. Das heisst eine eigene Zielorientierung und Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten.
Sie erbringen Leistungen für interne oder externe Kunden und übernehmen dafür unterschiedliche Entscheidungs- und Ergebnisverantwortung. In Bezug auf ihre finanziellen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen können sie als Cost-, Umsatz-, Profit- oder Investment-Center ausgebildet sein.
Grundgedanke der Center-Bildung ist eine mehr oder minder ausgeprägte, interne oder externe Marktorientierung nach dem Kunden-Lieferanten-Prinzip. So werden zum Beispiel erbrachte Leistungen für interne Kunden transparenter und z.T. vergleichbarer zur Beschaffung am externen Markt.
Daraus entsteht ein gewisser, markt-induzierter Druck auf Center, ihre Leistungen markt- und kundenorientiert auszurichten und marktpreisgerecht anzubieten.
Für die die Center umgebende Gesamtorganisation kann dies zu Effizienzsteigerungen führen, woraus Einsparungen insbesondere in den Gemeinkostenbereichen resultieren können.
Wie wir im Weiteren allerdings noch sehen werden, gibt es abhängig vom spezifischen Center-Zweck auch noch andere Motive für den Einsatz von Center-Konzepten als nur Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen. Speziell kompetenzorientierte Center-Konzepte sind hier zu erwähnten. Mehr dazu später.
Um Center-Konzepte zu bilden, werden hier drei Perspektiven vorgeschlagen:
Mit diesen drei Perspektiven lassen sich intern Potenziale für Center-Konzepte erheben. Auch sind in der Praxis schon Center-Organisationen entlang dieser drei Perspektiven feststellbar.
Folgend werden nun Center-Konzepte entlang dieser drei Perspektiven erörtert.
In der finanziellen Perspektive finden wir die nachstehenden, häufig genannten Center-Arten:
Eine kurze Beschreibung dieser einzelnen Center-Konzepte in finanzieller Sicht, wiederum zum Teil angelehnt an Dillerup:
Ihnen obliegt „nur“ die Kostenverantwortung für die von ihnen erbrachten Leistungen. In der Praxis läuft das meist so, dass sie Jahr für Jahr ein Kostenbudget erstellen, dass sie dann während des Jahres nach Kräften einzuhalten anstreben. Neben den Kostenzielen werden häufig auch die zu erbringenden Leistungen in Aufgabenkatalogen oder Leistungs- bzw. Servicevereinbarungen definiert.
Dabei dienen die Kosten als Erfolgsindikator für die Effizienz der Leistungserstellung. Die Erfolgsgröße kann auch als Kosten-Leistungsverhältnis definiert sein, z.B. im Versand als Kosten je Lieferung.
Cost Center-Konzepte kommen in der Regel dann zum Einsatz, wenn das Center über keine eigentlichen Marktleistungen verfügt, d.h. der Output nicht aus direkt verkäuflichen Produkten oder Services besteht.
Als Beispiel: Die Einkaufsabteilung könnte man als Cost Center-Konzept ausgestalten und damit für die Beschaffungs- und Einkaufkosten verantwortlich machen. Es wäre aber nicht sinnvoll möglich, die Einkaufsabteilung auch für die zu erwirtschaftenden Erträge aus den eingekauften Input-Ressourcen verantwortlich zu machen. Denn dann müsste die Einkaufsabteilung auch vertriebliche Funktionen übernehmen. Was aber Unsinn wäre, weil dies Aufgabe der Vertriebsabteilung ist.
Wie es die Bezeichnung schon ausdrückt, sind bei solchen Center-Konzepte die zu erzielenden Umsätze bzw. Erträge die zentrale Messgrösse. Diese sind in der Regel unter gegebenen Umständen und Kapazitäten zu erreichen sowie unter Einhaltung eines definierten Ressourcenverbrauchs, so dass de facto meist auch eine Cost-Center Verantwortlichkeit integriert ist.
Dieser Centertyp findet sich vornehmlich in Verkaufs- und Vertriebsbereichen, eventuell auch bei distributiven Franchise-Filialen.
Um ein Umsatz-Center zu bilden, muss die Output-Leistung des Centers messbar sein und zugeordnet werden können.
Ist dies nicht möglich, biete sich als Alternative die Einrichtung eines sogenannten Output-Centers an. Hier wird dann zum Beispiel eine Output-Grösse – oder ein Set von Output-Grössen – wie die Produktionsmenge in Stück, Kilo, Liter etc. oder die erbrachten Arbeitsstunden oder andere Output-Grössen als Massstab verwendet.
Beispiel: Die unternehmenseigene Druckabteilung darf auch externe Aufträge annehmen. Diese sind allerdings in Anzahl und Menge vernachlässigbar, weshalb es sinnlos wäre, die Leistung der Druckabteilung am Umsatz dieser externen Aufträge messen zu wollen. Die mehrheitlichen internen Aufträge generieren keinen Umsatz (sogenannte Gemeinkosten).
Stattdessen könnte eine Output-Grösse wie zum Beispiel die erbrachten Arbeitsstunden im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit herangezogen werden als Masszahl für die Auslastung der Druckabteilung.
Diesem Center-Konzept unterstehende Organisationseinheiten haben eine eigentliche Erfolgsverantwortung. Sie sollen möglichst hohe Erträge zu erzielen und müssen dabei ihre Kosten im Griff haben, so dass kontinuierlich positive Erfolge im Sinne von Gewinnen erzielt werden.
Als Steuergrössen dienen an der Erfolgsrechnung orientierte Kennzahlen wie z.B. Deckungsbeiträge oder der EBIT. Aufgrund ihrer eigenständigen Erfolgsrechnung dezentralisieren Profit-Center-Konzepte die Gewinnerzielungs-Aufgabe des Unternehmens insgesamt. Ausserdem agieren sie in einem begrenzten Sinne wie „Unternehmen im Unternehmen“. Dazu gehört, dass ihnen alle nötigen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten übertragen werden, damit sie ihre Erfolgsverantwortung wahrnehmen können.
Bei Profit-Center-Konzepten wird der Erfolg einer Organisationseinheit direkt sichtbar. Dies fördert die Marktorientierung und die Effizienz gleichermassen.
Prinzipiell könnten Profit-Center-Konzepte auch konzernintern realisiert werden, sofern dafür brauchbare, interne Kostensätze vorhanden sind. Allerdings findet sich dies in der Praxis aus verschiedenen Gründen eher selten.
Das Investment-Center-Konzept geht über das Profit-Center-Konzept hinaus, indem es zusätzlich zur Erfolgsverantwortung auch die Verantwortung für Investitionen an die diesem Konzept unterstehenden Organisationseinheiten überträgt. Das Investment-Center-Konzept kann eine mögliche Vorstufe zur Ausgliederung als Tochtergesellschaft sein.
Als Kontroll- und Steuergrössen werden Rentabilitäts-Kennzahlen und/oder wertorientierte Kennzahlen eingesetzt wie zum Beispiel der sogenannte Wertbeitrag (Economic Value Added).
In der Praxis findet sich das Investment-Center-Konzept vornehmlich bei der (Eigen-) Steuerung von Divisionen, Sparten oder bedeutenden Geschäftsbereichen im Einsatz.
Center-Konzepte in der Service-Perspektive erbringen vielfältige Unterstützungsleistungen. Manchmal werden diese Supportprozesse in einem sogenannten Shared Service Center zusammengefasst und zentralisiert.
Als supportive Aufgaben, deren Erfüllung in Form eines Service Center-Konzepts prüfbar ist, können zum Beispiel in alphabetischer Aufzählung genannt werden:
Aus jeder einzelnen Unterstützungsfunktion ein eigenes Service-Center zu machen, ist bei sehr grossen Unternehmungen durchaus denkbar. Dennoch wird man in der Praxis pragmatisch nach sinnvoll erscheinenden Zusammenlegungen trachten. Das Shared Service Center-Konzept wurde in diesem Zusammenhang eingangs dieses Abschnitts schon erwähnt.
Hier geht es um die Bündelung spezifischer, fachlicher Kompetenzen in einer zentralen, organisatorischen Center-Einheit. Solche Center-Konzepte bieten sich immer dann als Organisationsform an, wenn spezifisches Know-how an einem Ort in der Organisation in bester Qualität gebündelt, gepflegt und weiterentwickelt werden soll.
Dabei tritt der sonst bei Center-Konzepten häufig als Hauptmotiv anzutreffende Effizienz- und Kosteneinsparungsgedanke etwas in den Hintergrund zugunsten einer eher qualitätsorientierten Motivation.
Folgend ein paar Beispiele, die aus der Praxis wohlbekannt sind:
In einem Corporate (Competence) Center-Konzept werden Funktionen zur Unterstützung der Unternehmensleitung zusammengefasst. Dazu können gehören:
Das GRC Competence Center berät und unterstützt die Unternehmensleitung bei allen Fragen und Aufgaben zu Governance, Risk and Compliance.
Es kann als eigenständiges Center in der Unternehmensorganisation ausgestaltet sein oder als Funktion bzw. Abteilung im Corporate (Competence) Center integriert sein.
Die eigene Unternehmensorganisation als Wettbewerbsvorteil – ein sehr aktueller Gedanke, sieht man all die organisatorischen Ansätze und Bemühungen an von A wie agil bis Z wie zero base budgeting.
Um dieses erstrebenswerte Ziel erreichen zu können, ist es allerdings zuerst nötig, das eigene Organisationsmanagement zu einer Kernkompetenz zu entwickeln. Wozu es sowohl aus Gründen der Effektivität als auch der Effizienz sinnvoll sein kann, die vorhandenen Kompetenzen im Organisationsmanagement in einem Organization Management Competence Center OMCC synergetisch und fokussiert zu bündeln.
Derart wird ein schlagkräftiges, organisatorisch verankertes Center-Konzept für die angestrebte, strukturelle Organisationsmanagement-Kompetenz geschaffen. Ganz ähnlich, wie es z.B. die ISO-Norm fürs Qualitätsmanagement vorschreibt oder es z.B. SAP für Anwender der SAP-Suite empfiehlt siehe nachstehend.
Die meisten Qualitätsmanagement-Normen verlangen ausdrücklich eine interne Abteilung oder zumindest eine klar bezeichnete Rolle, welche für alle Belange der Norm verantwortlich ist.
Damit wird sichergestellt, dass das Qualitätsmanagement auch strukturell in einer Organisation verankert und adressierbar ist.
Der gleichen Logik folgt auch das interne SAP Competence Center-Konzept. Interne SAP Competence Center haben die spezifische Aufgabe, die SAP-Umgebung einer Unternehmung in allen funktionalen und technischen Aspekten zu managen, zu pflegen und aktuell zu halten.
Um Center-Konzepte nutzbringend zu realisieren, sind mehrere Voraussetzungen in folgenden Gebieten von Bedeutung:
Wie alle organisatorischen Strukturen haben auch Center-Konzepte ihre Vor- und Nachteile. Ein sorgfältiges Abwägen dieser Vor- und Nachteil ist auf jeden Fall opportun.
Dabei sollte man danach trachten, Vorteile zu stärken und Nachteile zu entschärfen.
Als Vorteile können zum Beispiel genannt werden:
Dem stehen als mögliche Nachteile gegenüber (Auswahl):
Die Center-Bildung ist ein typisches Thema des Organisationsmanagements.
Die beiden Lehrgänge sind perfekt aufeinander abgestimmt. Wer bei uns schon den Spezialisten*in Unternehmensorganisation absolviert hat, kann bei Interesse und Erfüllung der Zulassungsbedingungen EOP nahtlos mit dem Lehrgang Experte*in Organisationsmanagement fortsetzen.
Während beim Lehrgang Spezialist*in Unternehmensorganisation das Handwerk des Organisationsmanagements und der Business Analyse vermittelt wird, steht beim Lehrgang Experte*in Organisationsmanagement die Bewertungsfähigkeit, die synergetische Verknüpfung und das strategische Alignment im Vordergrund. Also alles was es braucht, um wie in diesem Beitrag geschildert die Unternehmensorganisation so zu gestalten, dass sie zur Kernkompetenz und zum Wettbewerbsvorteil wird.
Danke für Ihr wohlwollendes Interesse
Freundliche Grüsse
Steffen Sutter et al.
OIB Academy
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